Kapitel 7
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Hinweis: Kapitel 6 und Kapitel 7 sind die inhaltliche Grundlage von Kurstreffen 04 im Handbuch „Kein Buch mit sieben Siegeln!“ Treffen 04 ist auf dieser Homepage exemplarisch dargestellt. Klicken Sie »Treffen 04 mit Kapitel 6 und 7« an.
7. Zum Segen für die Welt bestimmt: Das Volk Israel (1Mose 12,1-7)
Bibelleseplan: 1Mose 12,1–7 [Bibelkursler lesen 2Mose 1–20 vor]
l Lesen Sie 1Mose 12,1–7. – 1Mose 12,1–3 ist ein biblischer Schlüsseltext. Unterstreichen Sie in 1Mose 12,1–7 alle Verheißungen, die Gott Abraham gibt.
l Überfliegen Sie noch einmal 1Mose 13,14-18; Kap. 15; 17,1 bis 18,15; 21,1-7; 22,1-19. Lesen Sie zwei neutestamentliche Texte über Abraham: Röm 4; Hebr 11.8-19.
7.1 Gottes Bund mit Abraham
1Mose 12,1–7 erzählt davon, dass Gott Abraham (vgl. 1Mose 17,5) aus seiner Heimat heraus in seine Gemeinschaft beruft. Das Wort „Bund“ taucht in 1Mose 12,1–7 nicht auf, wohl aber in 15,18 und 17,2–8. Der Sache nach geht es aber auch in 12,1–7 um einen Bund zwischen Gott und Abraham:
Der allmächtige Gott verbindet sich mit einem Menschen. Gott übernimmt Bundesverpflichtungen, indem er Abraham reichen Segen verspricht: zahlreiche Nachkommen, ein eigenes Land und eine segensreiche Bedeutung für alle Völker. Doch auch der Mensch übernimmt Bundesverpflichtungen. Abraham antwortet auf Gottes Berufung mit gehorsamem Vertrauen: Er lässt sich auf diesen ihm unbekannten Gott ein, glaubt seinen Verheißungen und zieht mit seiner Familie aus seiner Heimat fort.
Gottes Bünde mit Menschen sind Akte seiner Barmherzigkeit. Menschen, mit denen Gott sich verbündet, sollen von Anfang an wissen, woran sie mit Gott sind, worauf sie sich verlassen können und was sie selber zu tun haben. Gott tritt Abraham ganz ungefragt als der Gebende gegenüber. Das ist Evangelium (= „frohe Botschaft“) im AT.
Gottes Bund mit Abraham macht gleich am Anfang der Bibel etwas für Gottes Handeln an seiner Menschheit Charakteristisches deutlich: Gott handelt mit Menschen, wenn er Menschen segnen, retten und ihnen helfen will, und nicht ohne Menschen.
Gottes Weg zur Rettung der ganzen Menschheit aus ihrer Gottesferne fängt mit der Erwählung des Menschen Abraham an. Mit ihm beginnt die Geschichte des Volkes Israel, die allen Völkern zum Segen werden soll.
7.2 Gabe und Aufgabe
Gott stellt Abraham reichen Segen in Aussicht, doch erwartet er, dass Abraham seinen Segen weitergibt: „Ich will dich segnen ... und du sollst ein Segen sein“ (1Mose 12,2). Der von Gott gesegnete Mensch soll selber zum Segen für andere werden. Wer Gottes Segen und Liebe dankbar erfahren hat, soll und wird andere Menschen daran teilhaben lassen (vgl. Mt 18,32–33; Lk 6,36; 1Joh 4,19).
7.3 Warum erwählte Gott gerade Abraham?
Eine Antwort auf diese Frage zu geben ist nicht möglich (vgl. Jes 55,8–9; Röm 11,33b). Aus Angst um sein eigenes Leben lieferte Abraham seine schöne Frau Sara (vgl. 1Mose 17,15) als seine „Schwester“ dem Pharao aus (12, 10–20). Auch von anderen herausragenden Gestalten der Bibel wird schuldhaftes Verhalten berichtet: Jakob betrog seinen Bruder Esau (27,1–40). Mose erschlug einen Ägypter (2Mose 2,11–15). König David beging Ehebruch und Mord (2Sam 11). Der Apostel Paulus hatte das Leben vieler Christen auf dem Gewissen, bevor er selber Christ wurde (Apg 8,1; 9,1; 22,4; Gal 1,13). Menschliche Vollkommenheit ist also offenbar nicht der Maßstab für Gottes Erwählung eines Menschen.
Eines jedoch scheint für alle Menschen, die Gott zu besonderen Diensten erwählt, charakteristisch zu sein: Sie haben spirituelles Empfinden, geistliches Wahrnehmungsvermögen und sind für Gottes Wort und Wirken offen. Wir können nicht sagen, warum gerade sie eine „Antenne für Gott“ haben. Genau so wenig können wir erklären, warum wir an Gott glauben: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“ (1Kor 4,7).
In den Vätergeschichten werden Abraham und Lot wie auch Jakob und Esau einander gegenübergestellt. Lot und Esau verhalten sich nach dem Prinzip: Wichtig ist, was ich jetzt habe: fruchtbares Land für meine Sippe (1Mose 13,1–13) – ein Linsengericht für meinen Heißhunger (25,29–34). Die Gefährdung ihrer Gottesbeziehung durch fremdreligiöse Einflüsse nehmen sie entweder nicht wahr oder nicht ernst: Esau heiratet hetitische Frauen (26,34–35), während Lot sich in der sittenverderbten heidnischen Stadt Sodom niederlässt (13,12–13; 18, 20; 19,1–29). – Abraham und Jakob kümmern sich ebenfalls um die Erfordernisse des täglichen Lebens, haben darüber hinaus aber geistliches Wahrnehmungsvermögen. Abraham hört auf Gottes Stimme (1Mose 12,1–5). Er wird von Gott mit der Aufforderung, Isaak zu opfern, auf eine schwere Glaubensprobe gestellt (22,1–19). Jakob nimmt Gott im Traum wahr (28,10–22). Er ringt mit Gott am Jabbokfluss (32,23–30). Dergleichen berichtet die Bibel von Lot und Esau nicht, wenngleich sie ihnen aufopferungsbereite Gastfreundschaft bzw. Großzügigkeit bescheinigt (19,4–11; 33,1–16).
7.4 Der vorbildliche Glaube Abrahams
Abraham pflegte seine Gemeinschaft mit Gott durch die Errichtung von Altären, an denen er opferte und zu Gott betete (1Mose 12,8; 13,4.18). Besonders eindrücklich schildert uns die Bibel Abrahams Gottvertrauen: Trotz Gottes Verheißung eines gemeinsamen Kindes waren Abraham und Sara längst in dem Alter, wo sie nach menschlichem Ermessen keine Kinder mehr bekommen konnten (18,11). Doch Gott der Allmächtige (18,14), der „Abraham aus ... Steinen Kinder erwecken kann“ (Lk 3,8), der „die Toten lebendig macht und ruft das, was nicht ist, dass es sei“ (Röm 4,17), er verheißt dem alt gewordenen Ehepaar erneut einen eigenen Sohn (1Mose 18,14). Von diesem Sohn hängt die Erfüllung der Verheißung eines „großen Volkes“ ab, die Gott Abraham bei seiner Berufung gegeben hatte (12,2).
Schon zu einem früheren Zeitpunkt hatte Abraham Gott an das Versprechen eines Sohnes von seiner Frau Sara erinnert (1Mose 15,2–3). Gott antwortete Abraham auch da mit einer erneuten Zusage seiner Verheißung (15,4–5), worauf Abraham mit gläubigem Vertrauen reagierte (15,6): „Abram glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit“, d.h. als Bündnistreue an. Paulus hat Abrahams Glauben in Röm 4,3.16–24 als vorbildlich gewürdigt (s. auch Hebr 11,8–12).
Abrahams Glaube – so macht bereits 1Mose 12,1–4 deutlich – ist vom Hören auf Gott sowie von dem daraus folgenden Gehorsam geprägt: Gott beruft Abraham in Haran und gebietet ihm, die Heimat zu verlassen und „in ein Land“ zu ziehen, „das ich dir zeigen will“. Gehorsam zieht Abraham aus Haran fort. Ein besonderes Beispiel von Abrahams Glaubensgehorsam ist die Versuchungsgeschichte (22,1) von 1Mose 22,1–19:
Gott fordert Abraham auf, ihm den nach langem Warten von Sara geborenen Sohn der Verheißung – Isaak – zu opfern. Mit diesem Ansinnen stellt Gott die Abraham gegebene Verheißung unzähliger Nachkommenschaft selbst in Frage. Für Abraham verbirgt sich der gnädige Gott, der seine Verheißung mit Isaaks Geburt erfüllt hat, hier bis zur Unkenntlichkeit (vgl. Mk 15,34). In gehorsamem Glauben wider den Augenschein macht sich Abraham mit seinem Sohn auf den Weg, um Gottes Weisung auszuführen. Damit hat Abraham die Glaubensprüfung bestanden. Gott verhindert das Menschenopfer: „Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest (= meinem Wort gehorsam bist) und hast deinen einzigen Sohn nicht verschont um meinetwillen“ (1Mose 22,12).
Abraham und den nachfolgenden Israeliten wird auf diese drastische Weise auch zu verstehen gegeben, dass Gott keine Menschenopfer will. Sie galten in Israel als gräuliche heidnische Sitte (5Mose 18, 10; 2Kön 16,3; 21,2.6: „durchs Feuer gehen lassen“ = als Brandopfer darbringen; Jer 7,31).
7.5 Mit Abraham beginnt Gott eine Geschichte des Heil für seine Menschheit
Die Urgeschichte schildert uns eine Menschheit, die ohne Gott auskommen zu können meint, deren Gottesferne aber die tiefste Ursache für vielerlei Unheil ist (s. Kapitel 5.2b S. 18f.). Direkt nach der Urgeschichte berichtet die Bibel von der Berufung Abrahams, des Stammvaters des Volkes Israel (1Mose 12,1–7; 11,10–32). Damit beginnt von Gott her eine Geschichte des Heils für alle Völker, die „Heilsgeschichte“. Durch Abraham und das aus ihm hervorgehende Volk Israel „sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (12,3). Die Abbildung „Zum Segen für die Welt bestimmt“ macht das deutlich:
Gott ó Abraham: Abraham antwortet auf Gottes Ruf mit gehorsamem Vertrauen; Abraham ð Israel und Israel ð Gott: Abraham ist der Stammvater des Volkes Israel, das in der Glaubensgemeinschaft mit Gott leben soll; Israel ð Völker und Völker ð Gott: Israel ist berufen, den fern von Gott lebenden Völkern seinen Glauben an den einen und wahren Gott zu bezeugen, damit sie des Segens der Gemeinschaft mit Gott teilhaftig werden.
Wie ein roter Faden zieht sich die Verwirklichung wie auch die Behinderung dieses Zieles Gottes durch die ganze Bibel hindurch. Von Abraham/ Sara geht die Linie weiter über Isaak/ Rebekka hin zu Jakob und seinen Frauen. Ihre zwölf Söhne gelangen nach Ägypten. Dort wachsen sie zur Größe eines Volkes heran. Die Verheißung zahlreicher Nachkommenschaft wird Wirklichkeit.
Nach dem Auszug aus Ägypten und einem über vierzigjährigen Aufenthalts in der Wüste nehmen die Israeliten das Land Kanaan in Besitz. Die Verheißung eines eigenen Landes geht in Erfüllung.
Unter König David wird Israel eine mächtige Nation. Doch kommt das Volk seiner Bestimmung, aller Welt zum Segen zu werden, nicht nach. Israel fällt immer wieder von seinem Gott ab. Es setzt sein Vertrauen auf andere Götter oder auf politisches Kalkül. Die Mahnungen und Warnungen der Propheten bringen Israel nicht zur Besinnung. Da schreitet Gott richtend ein: Israel wird von den Assyrern und Babyloniern zerschlagen.
Doch das bedeutet nicht das Ende von Gottes Absicht, alle Völker durch das Volk Israel in seine Gemeinschaft zurückzuführen. Durch die Propheten, die Israel Gottes Gericht bei andauernder Unbußfertigkeit (= bei beständigem Widerstand gegen Gottes Willen und seine Gebote) in Aussicht stellten, ließ Gott seinem Volk auch einen Neuanfang verkündigen, den der Messias (þ „Messias“ in LB-Sach- und Worterklärungen) heraufführen wird. Das NT spricht von der Erfüllung dieser prophetischen Verheißung durch Jesus Christus (= „Jesus der Messias“). Sein heilvolles Wirken gilt entsprechend 1Mose 12,3 „allen Völkern“ (z.B. Mt 28,19–20; 1Tim 2,3–7).
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