Kapitel 6
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Hinweis: Kapitel 6 und Kapitel 7 sind die inhaltliche Grundlage von Kurstreffen 04 im Handbuch „Kein Buch mit sieben Siegeln!“ Treffen 04 ist auf dieser Homepage exemplarisch dargestellt. Klicken Sie »Treffen 04 mit Kapitel 6 und 7« an.
6. Der besondere Charakter der schriftlichen
Überlieferungen von den Vätern (1Mose 12–50)
Bibelleseplan: 1Mose 12–50
In 1Mose 12–50 begegnen wir den „Vätergeschichten“, die den Beginn der Geschichte des Volkes Israel von Abraham bis zur Bewahrung Israels in Ägypten beschreiben.
l Lesen Sie 1Mose 12–50. Schauen Sie bei der Lektüre in die nachstehende Karte „Abrahams Wanderschaft“. Überfliegen Sie 1Mose 36 (Verzeichnis von Esaus Nachkommen).
n Ermitteln Sie beim Lesen von 1Mose 12–25 das Hauptthema der Abraham-Sara-Geschichten.
n Erleben Sie beim Lesen von 1Mose 25–36 mit, wie Gott den „hinterlistigen“ Jakob (27,35–36) zu einem mit ihm um den Segen ringenden „Israel“ macht (32,29).
n Entdecken Sie beim Lesen von 1Mose 37–50 (Josefsgeschichte) die Schlüsselverse, die das verworrene Geschehen von Gottes verborgenem Walten her deuten.
6.1 Die Vätererzählungen sind von Gottes Walten her gedeutete Geschichtsberichte
a) Urgeschichte und Väterzeit
Die Urgeschichte (1Mose 1–11) macht mit gleichnishaften Beispielsgeschichten klar, was für das Verhältnis von Mensch(heit) und Gott typisch ist, solange Menschen auf Erden leben. In 1Mose 12–50 werden uns die Anfänge des Volkes Israel erzählt. Begebenheiten aus dem Leben der drei Sippenoberhäupter Abraham, Isaak und Jakob wurden vor ihrer schriftlichen Abfassung Jahrhunderte lang mündlich weitergegeben (s. das Schaubild zur Entstehung des AT auf S. 6). Für das Verständnis dieser Geschichten ist es wichtig, die besondere Art ihrer Überlieferung zu berücksichtigen.
b) Väterzeit und Geschichte Israels
In 1Mose 12–50 sind uralte Erinnerungen aus dem Leben der Väter Israels aufbewahrt. Sind die Erzählungen von Abraham/Sara, von Isaak/Rebekka wie auch die von Jakob und seinen vier Frauen wesentlich auf den familiären Bereich beschränkt, so spielt die Josefsgeschichte am Hof des Pharao in Ägypten – vermutlich zur Zeit des Mittleren Reiches (17. Jh. v. Chr.).
Vom Anwachsen der Sippe Jakobs im Lande Ägypten zur Größe eines Volkes und vom Auszug aus Ägypten (2Mose), von der Wüstenzeit (2–5Mose), von der Eroberung des Landes Kanaan (Jos), vom Zwölfstämmeverband zur Richterzeit (Ri), vom Großreich Davids (2Sam), vom direkt nach dem Tode des Davidnachfolgers Salomo einsetzenden Niedergang dieses Reiches und vom babylonischen Exil (1–2Kön) haben die Väter nichts wissen können. Erzählsammlungen wie die „jahwistische“ (s. Kapitel 2.3 S. 5) überblickten schon einen längeren geschichtlichen Zeitraum; noch weiter schauten die späteren Herausgeber der alttestamentlichen Bücher, die Israels Geschichte von Abraham bis zum babylonischen Exil (6. Jh. v. Chr.) mit Hilfe von ihnen vorliegendem schriftlichen Quellenmaterial darstellten.
Die Vätergeschichten liegen uns also in einer Gestalt vor, in der auch die Erzähler mit ihren nach der Väterzeit gewonnenen Gotteserfahrungen zu Wort kommen wie auch die Sammler ihrer Geschichten und die späteren Herausgeber der alttestamentlichen Schriften mit ihren Kenntnissen und Erkenntnissen von Gottes Weg mit Israel. Von ihrem weiteren Blick her haben sie die Vätergeschichten dargestellt und gedeutet (s. Kapitel 3 S. 7 ob.).
c) Gottes Wirken wird vom Ende eines Geschehens her erkennbar
Nach 1Mose 28,13–22 hat der vor Esau fliehende Jakob in Bethel eine besondere Gotteserfahrung: Gott stellt ihn in die mit Abraham beginnende Linie der Verheißungsträger. Daraufhin gelobt er: Wenn Gott mich beschützt, dann soll er mein Gott sein. Vom Ende des Geschehens her wird deutlich, dass Gott ihn behütet, geführt und in all den Irrungen und Wirrungen seines Lebens verwandelt hat: Aus dem „hinterlistigen“ Jakob (27,36) wurde der von Gott gesegnete Israel (32,29), aus seinen 12 Söhnen die 12 Stämme Israels.
Hier kann man tatsächliches Geschehen und seine Deutung vom Glauben an Gottes Wirken her nicht mehr auseinander halten. Doch vollzieht sich Gottes Walten nach dem Glauben der Überlieferer der Vätererzählungen im irdisch-menschlichen Geschehen. Von ihrem Glauben her können und wollen sie Geschehnisse nur „gedeutet“, d.h. von Gottes Willen und Wirken her betrachtet beschreiben. Das wird auch in der Josefsgeschichte (1Mose 37.39–50) deutlich. Das menschliche Verhalten wird fast ohne Erwähnung von Gottes Handeln rein innerweltlich dargestellt:
Josefs bevorzugte Stellung und die Eifersucht seiner Brüder; Josef wird als Sklave verkauft und gelangt auf diese Weise nach Ägypten, wo er zum Wesir des Pharao aufsteigt; Josefs Verhalten gegenüber seinen Brüdern in der Zeit der Hungersnot; die Bewahrung der Sippe Jakobs vor der Hungersnot durch ihre Ansiedlung im ägyptischen Landstrich Goschen.
Nur ganz wenige deutende Worte am Ende des Geschehens werfen Licht auf das verworrene Geflecht menschlichen Handelns:
„Aber Gott hat mich [Josef] vor euch hergesandt, dass er euch [meine Brüder] übrig lasse auf Erden und euer Leben erhalte zu einer großen Errettung. Und nun, ihr habt mich nicht hergesandt, sondern Gott ... Eilt nun und zieht hinauf zu meinem Vater und sagt ihm: Das lässt dir Josef, dein Sohn, sagen: Gott hat mich zum Herrn über ganz Ägypten gesetzt; komm herab zu mir, säume nicht! Du sollst im Land Goschen wohnen und nahe bei mir sein, du und deine Kinder und deine Kindeskinder ... Ich will dich dort versorgen, denn es sind noch fünf Jahre Hungersnot“ (1Mose 45,7–10). „Ihr [meine Brüder] gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist [– vorher war es das nicht –], nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk“ (50,20).
Auch wir können Gottes Führung unseres Lebensweges in bestimmten Begebenheiten und Entscheidungen zumeist erst im Nachhinein erkennen und beschreiben.
6.2 Israels frühe Geschichte liegt historisch betrachtet im Dunkeln
Historisch betrachtet ist der Anfang der Geschichte Israels nicht so geradlinig verlaufen, wie es die Vätererzählungen erscheinen lassen. Immer wieder werden Geschichten von Einzelpersonen erzählt, die bei genauerer Betrachtung Begebenheiten aus dem Leben ganzer Stämme oder Völker widerspiegeln. Einzelne Gestalten repräsentieren ihren Stamm oder ihr Volk:
In Abraham begegnet uns der Stammvater des Volkes Israel und des Volkes der Ismaeliter (= Araber [z.B. 1Mose 17,19–20]). Nach 1Mose 34,25 haben Jakobs Söhne Simeon und Levi die Stadt Sichem überfallen und alle Männer erschlagen. Die Stämme Simeon und Levi konnten dieses Blutbad an einer ganzen Stadt anrichten, nicht aber zwei einzelne Männer.
Bei den Jakob-Esau-Geschichten geht es auch um die gespannte Beziehung von zwei einander verwandten Völkern (25,33): Esau ist der „Stammvater der Edomiter“ (36,43); aus seinem Bruder Jakob gehen die 12 Stämme Israels hervor (35,22–26; 5Mose 23,8a).
6.3 Bei den Vätergeschichten kommt es auf die Aussage an
Weil uns die Erzähler, die Sammler ihrer Geschichten und die späteren Herausgeber der alttestamentlichen Schriften keine „Augenzeugenberichte“, sondern „gedeutete“ Erzählungen (s.o.) aus der Väterzeit überliefert haben, ist es schwer, historisch exakte Angaben über die Väterzeit und auch über die frühe Volksgeschichte Israels vor seinem Wohnen im Lande Kanaan aus den biblischen Geschichten und Erzählzusammenhängen selber zu erheben. Entsprechend gehen die Meinungen alttestamentlicher Wissenschaftler, deren Blickfeld auf das historisch Nachprüfbare eingeengt ist, über die Väter und die Ursprünge des Volkes Israel aus historischer Sicht weit auseinander.
Weil die alttestamentlichen Autoren aber geschichtliche Begebenheiten der Väterzeit und der Geschichte Israels von Gott her betrachten und von seinem Walten her darstellen wollen (s.o.), hat für uns folgende Fragestellung Vorrang: Was will Gott uns Menschen durch diese von Vielen erzählten, gesammelten, gedeuteten und in der Bibel schriftlich überlieferten Geschichten und die in ihnen beschriebenen Glaubenserfahrungen zu verstehen geben?
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